18.6.07

Venezuela und Kuba - meine Antwort für den Reutlinger Generalanzeiger

Jüngst erschien im Reutlinger Generalanzeiger eine Kolummne zum Thema "Venezuela - auf dem Weg in die Dikatur". Leider wie so oft werden die Länder in Südamerika aus europäischer Sicht sehr pauschal beurteilt, was natürlich zu pauschalen Meinungen führt, die widerum das Meinungsbild der leider gerne pauschal denkenden Bevölkerung sehr einseitig zeichnet.
Meine Antwort auf die Kolumne, die leider von der Redaktion bisher unbeantwortet blieb:

Wirklich auf dem Weg in die Diktatur?

Liebe Frau Jehne,
darf ich davon ausgehen, dass Sie keinen der Herren Chávez oder Castro persönlich kennen? Vielleicht kennen Sie sogar Venezuela und Kuba nur „aus der Ferne“. Sollte ich falsch liegen, entschuldigen Sie bitte, aber gerade bei so wichtigen Kommentaren erstaunt es mich immer wieder, wie pauschal die Argumente kommen. Falls Sie nun an dieser Stelle denken sollten, ich bin ein Vertreter des Kommunismus, irren Sie sich. Ich habe von Politik wenig Ahnung und gehöre nur zu den „fürchterlich neugierigen“ Menschen, die manche Dinge in Frage stellen. Damit nun mein Kommentar nicht zu lange wird, muss ich leider auch etwas pauschalisieren: Es ist doch klar, dass hier in Europa die Politik in Venezuela und Kuba mit Misstrauen betrachtet wird. Denn die passt nun mal nicht in die hierzulande von Großkonzernen bestimmte Politik. Gibt es die perfekte Politik? Wohl kaum, denn wir sind alle nur Menschen. Was ich vermisse, ist der Respekt. Vor allem Länder und Personen, die sich sehr von uns unterscheiden, sollten mit dem gebührenden Respekt behandelt werden. Nur so erfährt man mehr. Natürlich sind manche Dinge für uns befremdlich. Ich selbst war im Januar drei Wochen in Kuba. Natürlich ist es für mich als Reisende kaum vorstellbar, ohne Pass zu leben, der mich jenseits der Grenzen bringt. Natürlich ist es anstrengend zu lernen, seine Meinung nicht überall unbestraft kundtun zu können. Natürlich kann ich mir nicht vorstellen, nicht auf eigene Rechnung arbeiten zu können. Aber nur weil ich das befremdlich finde, ist doch nicht alles schlecht! Es ist wohl eher so, dass wir Menschen nicht in der Lage sind die an sich gute Idee des Kommunismus zu leben. Denn zu unseren Eigenschaften gehört nun mal auch die Habgier und das „besser sein wollen“. Ich habe in vielen kubanischen „Patios“ mit den Leuten politisiert. Mit Sicherheit werden sich vor allem die jungen Kubaner „umschauen“, sollte sich an der Politik etwas ändern, denn bisher müssen sie sich um ihre Existenz keine Gedanken machen. Lebensmittelscheine gibt es für die Nahrung, die ausgezeichnete medizinische Versorgung (der es allerdings an wichtigen medizinischen Hilfsmitteln fehlt, und weshalb?)gibt es gratis und Wohnungen sind billig oder Eigentum. Natürlich ist alles sehr heruntergekommen und wer statt Reis Spaghetti will, zahlt für kubanische Verhältnisse ein Vermögen. Aber wer schreibt darüber, warum auf der Insel alles so knapp ist; kann es sein, weil die USA keinen Respekt zeigen, eine Politik, die sie nicht mögen, einfach boykottieren und dazu noch andere Länder zwingen, mitzumachen, weil sonst der ach so wichtige Handelsmarkt USA weg brechen könnte? Denken Sie doch nur an Chile. Da hat das Geld der USA die Menschen Anfang der 70er Jahre in eine Diktatur geführt, die vielen Menschen das Leben kostete. Natürlich steht die Bevölkerung hinter den Meinungsmachern, die Kuba oder Venezuela als Gefahr hinstellen, denn die Argumentation „Konsum“ überzeugt. Wer will den auf seinen Status verzichten? Wer traut sich, seinem Chef die Meinung zu sagen und dafür seinen Arbeitsplatz zu verlieren? Wie die Bevölkerung der Staat - und Zivilcourage wird bestraft. Sie meinen ich habe leicht reden? Sicher, denn ich habe das Glück, dass ich gelernt habe, dass es nicht weh tut, vom sozialen Ross zu steigen, dass es nicht weh tut zu sparen und hart zu arbeiten und dass es unendlich glücklich macht, sich direkt im Spiegel in die Augen schauen zu können.
In diesem Sinne bitte ich einfach nur um mehr Respekt anderen Menschen und Ländern gegenüber, denn Sie haben die Chance, die öffentliche Meinung zu bilden.

Mit einem herzlichen Gruß, Dagmar Riefler

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